Der Mittelpunkt des Mannes

Es fällt mir auf, wenn ich Streit habe.
Es fällt mir auf, wenn es mir nicht gut geht.
Es fällt mir auf, wenn es mir gut geht.

Wer ist der Mittelpunkt meines Lebens?
Bin ich es, ist es meine Arbeit, meine Freunde?

Ich hatte gerade einen Beziehungsstreit und laufe durch den Wald, bin wütend, bin verletzt, meine Gedanken drehen sich - und mir wird klar: Ich bin gerade nicht der Mittelpunkt meines Lebens.
Im Gegenteil, meine Gefühle, meine Gedanken, ja meine Aufmerksamkeit drehen sich nicht um mich - sondern um meine Partnerin.
Was sie gesagt hat, getan hat und was das mit mir macht, was ich im Bezug auf Sie machen soll und was nicht.
Sie ist der Mittelpunkt, der Orientierungspunkt.

Und ein Bild meiner Mutter erscheint mir.
Ja, wer war die erste Bezugsperson meines Lebens, wer hat mich genährt, mich zu einem guten Teil aufgezogen?
Und wer war der Orientierungspunkt im Kindergarten?
Wer mit grosser Wahrscheinlichkeit die ersten 3, ja vielleicht sogar die ersten 6 Schuljahre?
Es waren meistens weibliche Bezugspersonen.
Die ersten und oftmals prägendsten zehn Jahre meines Lebens haben sich die meiste Zeit um Frauen gedreht.

Und in der Pubertät wurde es noch schlimmer.
Beinahe alles hat sich um Mädchen gedreht. Was habe ich für Kopfstände gemacht, um bemerkt zu werden.

Ja, wenn ich zurückblicke wird mir das klar.
Und gleichzeitig fühle ich hinter mir, und auch in mir, eine Leere.
Wo ist meine Männliche Orientierungshilfe?
Wo mein klarer männlicher Mittelpunkt?
Ich fühle ihn gerade nicht.
Und ich erinnere mich, an all die wunderbaren Kurse, Workshops, Erlebnisse, die ich mit anderen Männern habe erfahren und teilen dürfen.
Und doch, trotz all den Erfahrungen, bin ich nicht im Mittelpunkt.
Und das macht mich traurig und ich möchte diese Trauer fühlen, denn sie macht mich frei.

 


Die Sonne geht auf, trocknet meine Tränen und ich blicke in den Sonnenaufgang. Ja, heute ziehe ich aus, um mehr und öfters der Mittelpunkt meines Lebens zu werden.

Ich freue mich darauf.

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